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Henner Krogh Preis 2023 – Sind Sylter Musiker eine aussterbende Spezies?

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Henner Krogh Preis
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Henner Krogh Preis – Sind Sylter Musiker eine aussterbende Spezies?

Mai einen Artikel über Musik oder den Henner Krogh Preis zu schreiben, das hätte ich mir vor zwei Jahren kaum vorstellen können. Wie fängt man an, Magie zu erklären oder wie Coca Cola schmeckt? Vielleicht mit dem bekannten  “Früher war alles besser”?  Im Laufe des Artikel stellte ich fest, dass es viel zu schreiben gibt. “Alex, wer soll das eigentlich lesen? Du schreibst einfach zuviel.” Höre ich öfter….

Ein Podcast wäre eigentlich die bessere Variante für so viel Text. So habe ich mich an eine Podcastproduktion gemacht. Diese kommt in den nächsten Tagen.

Früher war alles besser?!

Ich stelle mal eine These auf: Die Musik von heute ist längst nicht mehr so gut, wie sie es früher war. Boah.. wieder so eine Opa Unke die keinen Plan hat, höre ich die Kids rufen. Doch schauen wir einmal genauer hin. In den 60ern wurde der Beat erfunden, In den 70ern Glamrock (Led Zeppelin), Hardrock (AC/DC) und Punk (Ramones), in den 80ern war es die neue deutsche Welle (naja – nicht wirklich ein Musikstil) (Nena), Pop (Michael Jackson) und Gitarrenrock ala “The Smiths”. In den 90ern Techno (Väth), Grunge (Nirvana) und diverse Hardrockvarianten (Mit Glas beladener D-Zug prallt gegen einen LKW mit Alarmanlagen). 

Doch was kam dann? Richtig. Es kam nichts mehr. Alles, was gespielt werden kann, ist gespiel, wie es scheint. Produzenten verlassen sich darauf Althergebrachtes neu zu samplen und zu verpacken, um es dann in den Äther hinauszurotzen. Ein Song klingt wie der andere. Formate wie Deutschland sucht den Superstar oder The Voice erobern den Mainstream….

Henner Krogh Preis

Aber da wollte ich gar nicht hin. Heute morgen las ich einen Artikel in der Sylter Rundschau. Die Henner Krogh Stiftung hat 25.000 Euro für eine 5400 Watt Anlage mit 12 Mikrofonen an das Schulzentrum gespendet. Das klingt schon einmal gut – nur ist es die Aufgabe der Stiftung, der öffentlichen Hand eine solch überdimensionierte Anlage zu spendieren? Hilft das Sylter Musikern? Liege ich falsch oder wird eine solche Anlage maximal zu Reden bei Schulfesten eingesetzt oder zum, wie in dem Artikel angedeutet, “Karaokesingen”? 

Die Argumentation von Uwe Tiedjen als Vorsitzender des Kuratoriums zur Anschaffung:

„Ich kann mir vorstellen, dass das ein Anreiz ist, auf einer professionell ausgestatteten Bühne zu proben und aufzutreten.“ 

Klingt für mich komisch. So als wenn man in List ein Fußballstadion für 20.000 Menschen baut, damit die Kids einen Anreiz haben, vor großem Publikum zu spielen. Aktionismus? Aber ich kann mich auch täuschen. Doch ernsthaft – Zum Henner Krogh Festival haben sich keine Sylter Bands angemeldet. Es fehlt an Nachwuchs. Woran liegt das? Komme ich gleich zu. Zunächst einmal ein kleiner Rückblick auf mein eigenes ganz privates Erleben der Musik.

Die Idee mit dem Schlagzeug kam mir Ende 2020, in einer Zeit, in der wir alle unter Corona litten. Soziale Kontakte reduzierten sich auf ein undeutliches Masken-Moin in der Bäckerei und seltenen Besuch von Freunden. Was also tun mit der vielen freien Zeit? Buch fertig schreiben? Keine Inspiration. Die Wellen anbellen? Surfen war ja leider ab Mitte Dezember ziemlich ungemütlich. Musik machen?! Klingt nach einem Plan. Als Nichtmusiker ohnehin.

Das Schlagzeug

Henner Krogh Preis

Also kaufte ich ein Elektroschlagzeug. Keines dieser polyphonen Monster von Roland oder Yamaha – und schon gar kein akustisches Drumset. Es war eher ein Gestell, auf das ein paar graue Plasikteller geschraubt waren, deren Tonabnehmer dann in einen Lautsprecher liefen. Hässlich war es und im Nachhinein eine blechern klingende Karikatur des Schlagzeugsounds.

Doch wir hatten ja Zeit im Januar 2021. Ich und  Heiner, einer der Austernfischer der Insel und seit Jahren ein guter Freund, setzten uns also jeden Abend hin und versuchten uns an dem Auswurf südostasiatischer Musiktechnik. Allerdings war ein Schlagzeug zu viel für zwei. Also entschied er sich für den Bass. Eine Rockband braucht schließlich auch einen Bassisten. 

Angestachelt von Youtube und den motivierenden, “So trommel ich nach 30 Tagen” Videos, versuchte ich die verschiedenen Körperteile mehr oder weniger rhythmisch zu bewegen. Dies klappt leidlich. Den einfachen “Kartoffelbeat” bekam ich hin.

Dieses typische “Bumm Tscha Bumm Tscha” während die Hihat im Achtel zu spielen war. “Another one bites the dust” von Queen oder “Billy Jean” von Mr. Jackson konnte ich nach einer Weile spielen. Doch jeder weitere Schritt bedurfte unsägliche Stunden Praxis.  Die Videos auf youtube erzählen nicht immer die ganze Wahrheit. Es braucht teilweise Jahre um zu spielen, was die Protagonisten dort bereits nach 30 Tagen können. 

Sylter Musiker helfen

Der Fortschritt war entsprechend übersichtlich und ein ums andere Mal wollte ich meine musikalischen Ambitionen begraben. Doch nach ein paar Tagen Pause klappte auf einmal das, was vorher gar nicht ging. Und zwar ohne darüber nachzudenken. Es schien, als wenn das Hirn Zeit brauchte, um zu realisieren, was es den Extremitäten vermitteln sollte. Heiner machte derweil Fortschritte und konnte in den Grundzügen ein, zwei Songs von “The Police” intonieren.

Doch da konnte ich nicht mithalten. Stuart Copeland, der Schlagzeuger der britischen Rockband, ist aus einem anderen Universum eingeflogen. Wer einmal versucht hat “Walking on the Moon” oder “Message in a bottle” zu spielen, der weiß was ich meine. 

Da hielt ich mich lieber an die straighten Klänge der US Band “REM”, die aus einer Stadt namens Athens kamen. Wie auch die “B52” und weitere Künstler. Doch dies wiederum war Heiner zu viel und auch unser mittlerweile dazu gestoßene Gitarrist Sven war noch im Lernmodus. So probten wir tagein, tagaus – wenn es die Zeit zuließ. Das Ergebnis war durchwachsen. Erst der Umzug in einen größeren Raum und dank der Geduld von Daniel Jäger und Raul Jörgensen – beides Sylter Vollblutmusiker – bekamen wir einen Schimmer von der Komplexität der Musik. 

Das Ende?

Es folgte der Auszug aus unseren heiligen Hallen am Bahnhof in Westerland und eine Art “wurzellose” Zeit. Ich musste auf das Festland ziehen und ließ vor lauter Trauer Schlagzeug Schlagzeug sein. Doch nach etwa vier Wochen war der Drang nach dem lärmenden Teil so groß, dass ich mich in den neuen, fünf Grad kalten Proberaum setzte und erneut begann. Mit einem akustischen Schlagzeug und viel Motivation.

Woher kommt diese Motivation?

Jeder hat bei seinem Lieblingssong bestimmt schon mal den Takt mitgeklopft, manche Grooves haben sich seit Jahren in deine Synapsen eingegraben. Versuch einmal deinen persönlichen Lieblingssong mitzuklopfen und dabei den dumpfen Bassschlag mit dem rechten Fuß nachzuahmen. Mit der linken Hand schlägst du auf deine imaginäre Snare. Das klingt dann “Boom Tschak Boom Tschak” Damit hättest du die Basis für 80% aller Songs drauf. Nun denn… jetzt beginnt der Spaß. 

Dieser Song hier

ist unfassbar gut gespielt. Aber das was sie im Vergleich dazu veranstaltet, ist episch.

Nun das ist meine Motivation. Das Wissen, mit genug Übung dies einmal so spielen zu können. Nicht jetzt und auch nicht in diesem – aber ganz bestimmt im nächsten Jahr.

Sänger/in gesucht

Im Nachhinein, beim Anhören unserer Lieder muss ich sagen, wir hätten in diesem Jahr auf dem Henner Krogh Preis spielen können. Einfache Pop-Rock-Songs. Doch Valeria, unsere unglaublich begabte Sängerin, ist zurück nach Australien gegangen und mit ihr unsere Stimme. Nun – wir starten neu – in der Hoffnung, dass sie irgendwann zurückkommt (hey V. – die Anzahl tödlicher Haiattacken ist unglaublich hoch. Und dann diese Spinnen und die UV Strahlung) oder wir eine neue Sängerin haben. Melde dich wenn du das liest.

Henner Krogh Preis

Aber die Anmeldung zum Henner Krogh Preis wäre ohnehin sinnlos gewesen. Die Veranstaltung  fällt in diesem Jahr leider aus. Es haben sich keine Bands angemeldet. Statt des Henner Krogh Preis gibt es ein paar Auftritte lokaler Bands und eine Lesung…

Warum dies so ist? Nun, Sylt fehlt der Nachwuchs in so vielen Bereichen. Ob nun in den Sportvereinen, der freiwilligen Feuerwehr oder auch im künstlerischen Bereich.  Die Jungen wandern ab – sie gehen wegen des Studiums oder beruflich nach Hamburg oder Berlin. Die Bindung an die Heimat scheint in unserer kosmopolitischen Welt verloren gegangen zu sein.  

Und die Alten? Mir scheint, vor lauter Led Zeppelin und AC DC Covern kommen sie nicht dazu, eigene Songs zu schreiben. Warum auch? Das Covern ist einfacher und ist so etwas wie eine Erfolgsgarantie, spielt man vor Publikum. Wenn denn das Cover gut ist….

Das klingt erstmal böse, doch es ist so wahnsinnig viel Arbeit, eigene Musik zu kreiieren. Und wenn der Song sitzt, dann spielt man ihn 200x und ist immer noch nicht zufrieden. Disziplin ist es, was gebraucht wird und sehr viel Geduld. Ja, die gute alte Disziplin. Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und das Arbeiten an seinen eigenen Schwächen.

Ob nun musikalisch oder in anderen Bereichen. Fällt vielen nicht leicht oder ist von vornherein aussichtslos. Es ist eine Fehlannahme, wenn man denkt, Musik sei nur ein simples Hobby und einmal die Woche ein wenig zu jammen, würde ausreichen. Eine Band ist auch immer eine hochkomplexe Angelegenheit. Wenn es menschlich nicht passt, dann nutzt das größte Talent nichts.Es sei denn man ist “Guns and Roses”. Das eigene Ego muss hinten angestellt werden und im Kollektiv mitgrooven. 

Keine Proberäume

Aber das Hauptproblem auf der Insel sind die Proberäume. Es gibt einen in Rantum, doch er ist nicht sehr einladend, mit recht bescheidenen Instrumenten. Wie beschrieben, hält man sich 3-4 Stunden in dem Raum auf. Vielleicht an 3-4 Tagen in der Woche. Wir proben Dienstag, Mittwoch und Donnerstags. Logistisch käme dann auch bei jeder Probe der Materialtransport hinzu.

Na klar, es ist unser Hobby – und unser Problem werdet ihr sagen. Doch dies betrifft auch die Nachwuchsmusiker, die kaum proben können. Der Henner Krogh Preis bleibt für sie unerreichbar. Eine Soundanlage für die Schule erscheint angesichts des Zustands der Proberäumlichkeiten wie Hohn.

Auf einer Ferieninsel einen Proberaum zu bekommen, ist noch viel unmöglicher als eine 3-Zimmer Wohnung unter 1000 Euro zu kriegen. Selbst wenn die Möglichkeit eines Raumes bestünde, dann wäre dieser sicher unbezahlbar – obwohl die Ansprüche nicht wirklich hoch sind. Wer will schon Musiker in der Umgebung haben?

So werden wir auf Sylt in den kommenden Jahren Probleme bekommen, den Henner Krogh Preis auf der Insel  zu vergeben. Ein Umdenken ist auch hier nötig. Was spricht dagegen, irgendwo am Fliegerhorst eine Garage hinzustellen oder zwei. Es ist genug Platz dort und die Kosten sind überschaubar, man baut so ein Teil oder modifiziert das leicht. Lärmschutz – dürfte kein Thema sein. Statik, Feuerschutz – all dies gibt es mit Herstellergarantie. 

Zur Not gründet man einen Verein. Betrachtet man den Baufortschritt des Multiparks, wird die Quintessenz sein, dass wir dann beim DRK Essen auf Rädern beantragen können, wenn der Bau abgeschlossen ist. – Aber es muss doch noch einen unbürokratischen Weg gehen. Oder – einfach irgendwo ein Reetdachhaus abreißen…

Der Henner Krogh Preis;

Henner Krogh Preis in 2023 nicht vergeben

Henner Krogh Preis ist ein Preis der gleichnamigen Stiftung

Der Henner Krogh Preis lobte in der Vergangenheit bis zu 5000 Euro aus

Der Henner Krogh Preis wird im Andenken an den talentierten Sylter Musiker Henner Krogh vergeben

Statt Henner Krogh Preis wird es ein paar Konzerte und Lesungen geben

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