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Sylter Wirtschaftskapitäne & Sonnenkönige: Teil 1 – Sonnenland

Sylter Wirtschaftskapitäne & Sonnenkönige: Teil 1 – Sonnenland
Unsere kleine Serie befaßt sich mit den Sylter Wirtschaftskapitänen, Sonnenkönigen und Aufschneidern der Insel. Derer gab es in der Geschichte des Eilandes viele. Der ein oder andere ist mittlerweile verstorben, wurde vom Alkohol dahingerafft oder hat es tatsächlich geschafft, sich seinen Platz an der Sonne zu erobern. Im ersten Teil picken wir uns ein verwunschenes Dörfchen und seinen Erschaffer heraus.
Jeder kennt den „Vorort“ von List. Man fährt an ihm vorbei – kurz bevor sich die Straße in den Norden teit. Nach links geht es auf der alten Panzerstraße entlang der Wanderdüne und der imposanten Heidelandschaft Richtung Ellenbogen. Nimmt man die Gabelung nach rechts, erscheint am Horziont das beschauliche List. Biegt man ein paar hundert Meter vor der angesprochenen Gabelung nach links oder rechts ab, fährt man in die etwas verwinkelten Wege hinein.
Sollte jemand im Winter auf die Idee kommen, in die Siedlungen zu fahren: Es spielt sich dort gar nichts ab. Einen Bäcker, Metzger oder Kiosk wird man vergebens suchen – ein kleines Trabantendorf im Inselnorden also. Von den vielen Häusern sind vielleicht ein oder zwei bewohnt. Ein Haufen Gärtner und Hausmeister flitzen herum. Bauen neu, erweitern, machen schön.
Das ganze als Bausünde zu bezeichnen wäre verkehrt. Denn es sind ja schöne Häuser, die dort stehen. Sie spiegeln aber auch auf eine offensichtliche Weise wieder, was im Laufe der Jahre auf der Insel überhand genommen hat. Einem Bauantrag wird stattgegeben, trotz Protesten der Inselbevölkerung. Danach wächst Gras über die Sache und nach ein paar Jahrzehnten gerät die damalige Unruhe in Vergessenheit. Kalkül?
Die Ansiedlung ist ein beispielloser Skandal, der aber nichts mit aktuellen Entscheidern, Politkern oder Menschen in der Wirtschaft zu tun hat.
Die Geschichte hat es trotzdem in sich und ist es wert, erzählt zu werden.
Der Sylter Norden ist eine Traumlandschaft. Die unheilvollen Bauten der 30er Jahre hat die Natur sich längst zurückgeholt. Geblieben sind von den Bunkern, Flakstellungen und Munitionslagern in den Dünen nur Mauerreste. Da die Nazis den damaligen Besitzern einen großen Teil des Listlandes für ihre irrwitzigen Ideen beschlagnahmten,, gab die Landesregierung als Entschädigung Bauland für die Geschädigten frei. Diese konnten nun damit gar nichts anfangen. Aufgekauft wurde das gesamte Areal daraufhin von einem gewissen Dr. jur. Horst-Günther Hisam.
Pikanterweise war er Bürgermeister von List und baufreudiger Investor. Zugleich war er auch ehemaliger Mitarbeiter einer großen SS-Behörde. Mit der braunen Vergangenheit hatte die Insel ohnehin zu kämpfen. Wir erinnern uns an den Westerländer Bürgermeister Reynefarth, der maßgeblich an der Zerschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 beteiligt war.
Anfang der 60er Jahre baute Dr. Hisam dann die ersten Ferienhäuser. 230 Privathäuser mit 300 Wohnungen — vereint unter dem Stichwort »Sonnenland«, aufgeteilt in drei Siedlungen namens »Westerheide«, »Süderheide« und »Mellhörn standen am Ende in den Dünen.. Rund 60.000 Euro kosteten die Villen. Der Wert der Häuser hat mittlerweile die Millionengrenze gesprengt. Gekauft wurden sie von Nicht-Syltern. Ein ganzer Ort auf der Insel, der nicht von Syltern bewohnt wurde und es wohl auch niemand wird. Abgesehen vom Preis wären es dann doch kanpp dreissig Minuten jeden Tag zum Bäcker und zurück.

Wer dort wohnt, ist den Einheimischen weitestgehend unbekannt. Ein düsterer Vorbote dessen, was sich in den nächsten Jahrzehnten wiederholen sollte. Doch unser Herr Hisam hatte noch nicht genug. Die Jahre zogen ins Land und sein Bestand wuchs mit dem Aufkauf weiterer 25 Hektar Land im Bereich der Blidselbucht. Er trat schon bald in die CDU ein und als Begrüßungsgeschenk brachte er einen dicken Spendenkoffer und einen Bauantrag mit.
Diesmal sollte die, seiner Meinung nach, „vorherrschende Ferienplatznot“ mit einem irrsinnigen Bauvorhaben gelöst werden. Seine Idee war es eine Stadt auf Stelzen zu erschaffen. Gebaut, draußen im Watt in der Blidselbucht.. Ein Venedig des Nordens, mit dem Weststrand verbunden durch eine Seilbahn. Das hört sich an wie ein Syltbürgerstreich oder die Fortsetzung eines Jules Verne Romans. Damit nicht genug. Ein weiteres Projekt, eine Ferienanlage auf einer Sandbank vor dem Lister Hafen, war auch schon in Planung.
Dr. Hisam hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die CDU regierte Landesbehörde lehnte den Bauantrag ab. Enttäuscht trat er nach einiger Zeit aus der CDU aus und in die SPD ein. Ein erneuter Bauantrag scheiterte. Diesmal verhinderten Bürger den ersten Spatenstich. Diese protestierten gegen die „profitgierigen Bestrebungen der Baugesellschaft der Sonnenland-Projekte«. Umweltschützer traten auf den Plan und kämpften mit allen Mitteln gegen diesen Irrsinn. Die Bauschilder wurden vom Bauherren in sicherer Erwartung der Freigabe bereits aufgestellt.
Am Ende waren Hisams Pläne heiße Luft. Selbst der von ihm organisierte Urlaub für Altkanzler Willy Brandt half ihm da nicht mehr. Das warf zwar ein gutes Licht auf die bereits gebaute Siedlung, doch die öffentliche Meinung und die Proteste der Sylter Bürger zwangen ihn zum Rückzug. Der vergrämte Investor und Bauherr zog sich auf das Festland zurück und baute in Schleswig den „Wikingerturm“. Ein schlecht geplantes Hochhausprojekt, welches dann zur Insolvenz seiner Firmengruppe führte. Rückendeckung von seinen Parteigenossen konnte er nicht mehr erwarten, denn längst war denen aufgegangen, was für ein Kuckucksei im Nest gelegen hat.
Und die Sonnenland-Siedlung? Sie ist das Fanal dafür, was ein Investor anrichten kann, wenn er die Möglichkeit dazu hat. Während Sylter Familien von der Insel müssen, weil sie keine Wohnungen bekommen, gibt es Gerüchte – von vielen Seiten. Diese besagen, einige Häuser werden nur für ein Wochenende im Jahr bewohnt. Laut Immobilienmakler sind die Preise für das „Sonnenland“ in die Höhe geschossen. Wenn alle Jahre mal ein Haus zum Verkauf freigegeben wird, dann sind den Käufern die Preise egal. Astronomische Summen, kaum fassbar für Normalverdiener. Und für Sylter ohnehin nicht.
Sylter Wirtschaftskapitäne
Sylter Wirtschaftskapitäne gibt es einige. Wir werden die erfolgreichen Namen wie Voss, Akgün und Gosch in den nächsten Folgen beleuchten. Diese wird es zum Teil auch als Video oder Podcast geben.

Das Sylter Wirtschaftskapitäne durchaus erfolgreich sein können, werden wir in der nächsten Ausgabe zeigen.
Sylter Wirtschaftskapitäne und Sonnenkönige gibt es hier als Podcast

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