Es war abzusehen, trotzdem lässt es viele Sylter am Kurs der aktuellen Kommunalpolitik zweifeln. Die Gemeindeverwaltung hat beschlossen, Anlieger an den Kosten für geplante Straßenreparaturen zu beteiligen. Für zahlreiche Immobilienbesitzer bedeutet dies eine enorme finanzielle Bürde, die sie in existenzielle Nöte bringen könnte.
„Ich bin Rentner, tilge noch den Kredit fürs Haus und soll jetzt eventuell 50.000 Euro zahlen. Das bringt mich an den Bettelstab. In meinem Alter bekomme ich keine Finanzierung mehr“, schildert ein Betroffener, der um seine Zukunft bangt. Ein politischer Skandal, der scheinbar niemanden interessiert. Die Presse fokussiert sich lieber auf die Punks auf der Insel. Beistand gibt es kaum, denn die Hausbesitzer auf Sylt haben keine mächtige Interessenvertretung. Viele haben lebenslang gearbeitet und ihre Immobilie als Altersvorsorge gesehen.
Die Gemeinderatsmitglieder raten: „Sie können doch einen Kredit aufnehmen oder die Zahlung stunden.“ Sinnvolle Ideen zur Entlastung der Bürger fehlten. Manch einem bleibt wohl nur der Verkauf des Hauses, für das er ein Leben lang geackert hat.
Die politisch Verantwortlichen wollten nicht namentlich zitiert werden, aber der Grundtenor ihrer Aussagen war:
„Das war doch absehbar, man hätte Geld zurücklegen können.“
„Eine Abschaffung wäre unfair gegenüber denen, die schon gezahlt haben.“
„Sonst würden ja auch die Zweitwohnungsbesitzer nichts beisteuern.“
„Tut mir leid, aber da können wir nichts machen.“
Vorschläge für Alternativlösungen wurden zwar registriert, aber nicht ernsthaft erörtert. Für die Betroffenen kommt jede Unterstützung zu spät.
In 9 Bundesländern wurden die Straßenausbaubeiträge inzwischen komplett abgeschafft, darunter auch Hamburg – was wenig erstaunt, denn die Autos parken ja alle auf Sylt. In 5 weiteren Ländern entscheiden die Kommunen selbst, ob sie die Beiträge erheben. Sonderregelungen gibt es in Rheinland-Pfalz mit wiederkehrenden Beiträgen ab 2024 und in Bremen, wo nur Bremerhaven die Gebühr verlangt.
Der Trend geht klar weg von den als ungerecht wahrgenommenen Straßenausbaubeiträgen. Viele Länder haben ihre Gesetze novelliert, oft auf Druck erfolgreicher Bürgerinitiativen. Doch manche halten weiter daran fest oder überlassen den Kommunen die Wahl.
Auf Sylt potenziert sich das Problem durch die vielen Bauvorhaben mit unpassenden Fahrzeugen und den immensen Verkehr auf der kleinen Insel. Über eine Million Pkw und Lkw kommen jährlich über den Damm oder mit der Fähre und strapazieren die Straßen enorm.
Es stellt sich die Frage, ob man den Beschluss nicht hätte abwenden und alternative Finanzierungswege finden können.
Denkbar wäre etwa eine Maut für die Straßennutzung auf Sylt, wie sie vielerorts in Europa üblich ist. Die Einnahmen könnten in die Straßensanierung fließen. Bei Kosten von 40 Millionen Euro über einige Jahre wäre der Betrag durch eine moderate Maut von 10 Euro pro Fahrzeug recht schnell erzielt. Auch wenn dies Bundessache ist, gibt es oft Mittel und Wege, etwa über eine erhöhte Kurtaxe.
Eine Kostenbeteiligung der Bauunternehmen wäre ebenso prüfenswert, da deren schwere Fahrzeuge erheblich zur Straßenabnutzung beitragen. Auch verstärkte Anstrengungen, um Fördermittel von Land und Bund oder spezielle Tourismusprogramme zu akquirieren, könnten die Finanzierung erleichtern.
Es existieren also durchaus Alternativen zu den umstrittenen Straßenausbaubeiträgen. Welche davon realisierbar und sinnvoll sind, gilt es sorgfältig zu prüfen. In jedem Fall sollte man die betroffenen Bürger frühzeitig involvieren und ihre Belange berücksichtigen. Eine einseitige Belastung ist schwer vermittelbar und erzeugt großen Unmut. Die Gemeinde ist gefordert, kreative und sozialverträgliche Lösungen zu finden.